läuten, und im tiefen Tann Rehlein und Füchslein den traulich fallenden Schneeflocken lauschen; wenn Großmutter vom Strickstrumpf aufblickt und es im ganzen Haus so lieblich nach Zimt und süßen, geriebenen Mandeln riecht, dann wird das deutsche Auge fern der Heimat feucht.
Dann nagt sich auch auf dieser schönen Insel das Heimweh ins heimatlos pochende Herz und die Erinnerung an die Kindheit, als man noch der Waldbauernbub war, werden wieder ganz, ganz furchtbar wach. Und dann liest man in den rührenden Weihnachtsgeschichten von Springer & Jahr, dass wir Deutsche wieder stolz sein dürfen auf die Armee unserer Söhne und Töchter. Die ja inzwischen – wenn schon nicht mit Stahlhelm und Gewehr – so doch mit ihren siegreichen Panzer-Einheiten leihweise dem fiesen Putin und dem Rest der Welt endlich mal zeigen darf, was eine deutsche Harke ist; dass die Atombomben, die inzwischen wieder in aller Welt heimlich getestet werden, in Wahrheit ja europäische sind, für die bald auch unsere hoch verehrter Herr Friedenskanzler mit seiner pazifistischen Koalitionsmehrheit ein eigenes güldenes Knöpfchen in einem eigenen roten Köfferchen kriegt, und dass Deutschland inzwischen mal wieder zum zweitgrößten Waffenexporteur der Welt aufgestiegen ist. Und dass damit viele, viele gut bezahlte Arbeitsplätze für lange, lange Jahre als gesichert angesehen werden können. Prima.
Das traurig-feuchte deutsche Auge fern der Heimat kann wieder trocknen. Leise rieselnder Schnee ist in Wirklichkeit ja nass und schweinekalt. Der deutsche Wald ist eh am Dingens. Rehlein und Füchslein werden mit Apfelwein-Abfällen gefüttert, damit der rheinische Kanonenfabrikant seine schießfreudigen Geschäftsfreunde zur Hatz einladen kann. Was nach Zimt riecht ist das genmanipulierte Junk-Food von Aldi; und Großmutter blickt nur deshalb vom Strickstrumpf auf, weil sie im Fernsehen die Ziehung der Lottozahlen auf gar keinen Fall verpassen darf.
Da nagt das Heimweh dann doch allenfalls noch im Heimatfilm-Video mit O.W. Fischer oder bei den Original-Oberkrainern auf CD. Da ist man dann auf einmal sooo traurig auch nicht mehr, dass man die sensationelle Weihnachtsbeleuchtung der Dortmunder Innenstadt nicht live mitkriegt oder die tiefgefrorene Gänsekeule, die die berufstätige Hausfrau liebevoll aus der Mikrowelle zerrt. Der abgeseilte Deutsch-Gomerianer lehnt sich im Schatten seiner Palme friedlich zurück und stellt wohlig fest, dass so ein sonniger Heiligabend am Strand auch ohne Heimatglockengeläute durchaus zu ertragen ist.