Es ist schon ein herzzerreißender Anblick wenn ein Dutzend hungriger Kätzchen mit hohlen Augen vor dem Müllcontainer hockt und um Nahrung bettelt. Da sorgt sich das Fremdenverkehrsamt spornstreichs um den Ruf des Ferienparadieses. Was sollen bloß die Touris denken? Füttern verboten. Sonst werden die Katzen ja noch mehr.
Böse Menschen legen Gift aus. Gute Menschen, (“Tierfreunde”), schneiden ihnen lediglich die Eier ab und schicken sie mit “Flugpaten” in die Kalte Heimat. Dort liegen sie dann geliebt und vollgefressen wie Gemüse hinter der Heizung rum und träumen nur noch von jenen wilden Vollmondnächten auf Gomera. Warum soll es ihnen besser gehen als ihren Frauchen?
Der Mensch hat nun mal den Drang, sich die Welt untertan zu machen. Er ist ja schließlich intelligent. Tiere sind das nicht. Nur der Mensch weiß ja im Voraus, dass man der Natur nicht einfach so ungezügelt ihren Lauf lassen kann. Da muss er ordnend und regulierend in Gottes Schöpfung eingreifen. Schließlich weiß er ganz genau, was passieren würde, wenn sich die kleinen Katerchen ungehemmt vermehrten. Es gäbe eine “Katzenplage”. Wenn sie Schweine wären, die Katerchen, dann könnten sie nie zur Plage werden. Man würde einfach eine weitere Halle an die mecklenburg-vorpommersche Schweinemastanlage anbauen und mit Tausend neuen Schweinen noch mehr Kohle machen.
Aber Katzen? Aus denen ließen sich doch allenfalls Rheumadecken für einen sehr begrenzten Absatzmarkt herstellen. Lohnt sich einfach nicht.
Außerdem werden ja auch alle kleinen Schweinchen gleich nach der Geburt zwangskastriert. Mit bloßen Händen, im Akkord und ohne jegliche Betäubung. Schließlich dürfen die sich ja auch nicht einfach so aus Liebe paaren. Das besorgt ein hauptberuflicher Fachbesamer mit genmanipuliertem Sperma für die zusätzliche Rippe. Zwei Koteletts mehr!
Das einzige Lebewesen, dass sich ungehemmt vermehren darf, ist der Mensch. Der braucht keinerlei tierische Hilfe um seinen Planeten zugrunde zu richten. Der schafft das ganz allein. Den darf man auch nicht kastrieren. Das ist selbst dann verboten, wenn Millionen hungriger Kinder mit hohlen Augen – live und in Farbe – vor dem Müllcontainer hocken.
“Das hat der Liebe Gott so gewollt, als er den Menschen nach seinem Vorbild schuf” erklärt der Heilige Vater, der sich bekanntlich niemals irren darf. Bei Katzen ist das anders. Die sind zwar auch Teil der göttlichen Schöpfung, aber sie sind eben keine “Ebenbilder Gottes”. Sie haben keine Seele, und darum darf man sie jederzeit, wenn sie zu viele werden, ungestraft in die Tonne treten oder, weil das ja “humaner” ist, rechtzeitig vorher zwangskastrieren.
Betrachtet man das Ganze mal mit Katzenaugen, dann geht einem die menschliche “Fürsorge” natürlich mitunter ganz schön auf den Sack (sofern man überhaupt noch einen hat). Man liebt zwar die Menschen und schmust gern mit ihnen. Genüsslich schlabbert man ihre Milch und maunzt erwartungsvoll, sobald sich die Kühlschranktür öffnet. Man freut sich, wenn man auf dem Sofa oder gar in ihrem Bett schlafen darf. Man fühlt sich liebevoll adoptiert und versüßt manch kinderloser Mutti das Alleinsein in ihrer tristen Zweizimmerwohnung mit Kochnische.
Warum aber, so fragt man sich als unschuldiges kleines Katerchen, warum muss man sich dafür die Eier abschneiden lassen? Hat Mutti Angst, dass man fremdgeht?
Edmund Stoiber, der weise, alte Mann aus dem tiefdunklen Bayern, hat ja seinerzeit am Beispiel des Bären Bruno genau den Unterschied zwischen dem Nutzbären und dem Schadbären erklärt. Übertragen auf unser Katerchen gibt es genauso einen Nutzkater (der schnurrt und Mäuse fängt) und einem Schadkater, der einfach ungebremst in der Gegend rumpimpert und seinen Nachwuchs dann ungeniert der menschlichen Fürsorge überlässt.
Und während der Schadbär vom Förster abgeschossen wird, kriegt der Schadkater lediglich ratz-fatz seine Hinterräder abmontiert.
So ist das nun mal in einer Welt, die von der “Krone der Schöpfung” beherrscht wird. Da wird auf das, was so ein armes Katerchen will, natürlich keine Rücksicht genommen.