Wenn ich Jude wäre oder Katholik, Quaker, Muslim, Pastafarian oder Buddhist – der Abschied wäre leichter. Bei der Beichte würden dem Pfarrer vielleicht ein wenig die Ohren bluten, aber ich käme immerhin anschließend in den Himmel. Dahin käme ich auch, wenn ich mich in der U-Bahn, dem Stadion oder einem Rock-Konzert in die Luft sprengen würde. Da bekäme ich dann sogar noch ein halbes Hundert niedlicher Jungfrauen als Zugabe hinterhergeschmissen.
Ich glaube auch nicht, dass ich eines Tages wiedergeboren werde. Selbst bei frömmstem Lebenswandel nicht. Weder als bunter Schmetterling auf der grünen Wiese, noch als Filzlaus am Sack des Erzbischofs von Canterbury.
Als gottloser Geselle ist mit dem Zuklappen des Sarges wahrscheinlich Schicht im Schacht. Ende der Veranstaltung. Einfach Licht aus. Und dann geistert man – wenn man Pech hat – als so eine Art “Untoter” im Nirwana herum, ist nirgend zuhause, weder im Himmel, noch in der Hölle, noch am Sack des Erzbischofs. Jungfrauen kriegt man auch keine. Keine Harfe, kein Manna. Als arme, ungläubige Seele ist man beschissen dran, wenn man tot ist.
Besser also, man lebt noch eine Weile alt und gebrechlich vor sich hin. Auch wenn es weh tut. Noch ist es ja nicht ganz so weit. Noch hänge ich hier inzwischen zwar schon halb über der Klippe – aber eben nur halb. Der Rest zuckt noch. Und überlegt, ob man das mit dem Löffelabgeben nicht doch besser noch eine Weile vor sich herschiebt. Seit ich gelesen habe, dass die Zahl der über-100-Jährigen überall auf der Welt rasant ansteigt, denke ich mir, dass das auf Gomera wohl auch nicht anders ist. Außerdem hat Helmut Schmidt noch im Alter von 97 Jahren “Die Zeit” herausgegeben. Da bleiben mir ja, nachdem ich auch noch das Rauchen aufgegeben habe, noch reichlich Jährchen, um meine unzensierten Perlen unter die Säue zu werfen und meine immer piefiger werdenden Mitinsulaner auf die Nudel zu schieben. Wahrscheinlich würde ich mich ja sonst möglicherweise heftigst langweilen und mir bei Karsten mein bisschen verbliebenes Resthirn wegsaufen. Was auch kein allzu prickelnder Gedanke ist, weil ich zwar früher eine ganze Woche saufen konnte, und dann einen Tag lang einen dicken Kopp hatte. Heute muss ich spätestens nach dem 3. Bier künstlich beatmet werden.
Also wird – anders als ursprünglich geplant – diese 100ste Ausgabe wahrscheinlich doch noch nicht die letzte sein. Alle Abonnenten können aufatmen. Die Kohle ist nicht weg. Der Valle-Bote ist ja auch nicht “Air Berlin”, oder was?
Und all unsere verzweifelten Leserinnen können ihre Tränchen trocknen und wieder fröhlich in die Zukunft blicken. Es gibt jetzt ja wahrscheinlich doch noch längere Zeit was zu lachen, auf unserer immer trauriger werdenden Bananeninsel.