In steter Sorge um das Wohl seiner Insulaner, hat Präsident Casimiro Curbelo in schlaflosen Nächten endlich herausgefunden, wie wir nun endlich alle reich werden. Eine „Quelle des Reichtums“ versprach er jüngst dem jubelnden Wahlvolk: Hunderttausende bestens situierter Qualitätstouristen an Bord gigantischer Kreuzfahrtschiffe, die uns allein in diesem Jahr 72.000 Besucher bringen werden, an denen wir statistisch gesehen 4,46 Millionen Euro verdienen. Für schlappe 4 Millionen Euro wird die Hafenmole in San Sebastian jetzt noch einmal verlängert, auch der nutzlos rumstehende Hafen von Valle Gran Rey wird mit Leben gefüllt, und selbst Playa Santiago soll nun endlich den lange versprochenen Groß-hafen bekommen. Mein lieber Herr Gesangsverein! Jetzt werden die Kassen aber klingeln. Eigentlich könnten wir uns den neuen Mercedes ja schon mal bestellen, oder was?
Ob aber Casimiros „Quelle des Reichtums“ nun für jedermann sprudeln wird gilt als zweifelhaft, denn die gestopften Kreuzfahrtpassagiere verbringen auf Gomera ja die meiste Zeit im Bus.
Dass sie auf dieser Fahrt dann möglichst viel von Gomera sehen wollen, verschärft den Fahrplan. So lernen die Touris im Bus, was sie dank High-Tech-Stabilisatoren an Bord ihres Schiffes sicherlich schon schmerzlich vermisst haben: die Seekrankheit. Die können sie nun begeistert nachholen, indem sie mit starrem Blick in die Kotztüte ihrem Bordfrühstück nachtrauern.
Dann gibt es das „typisch gomerische“ Mittagessen, das in eigens zu diesem Zweck gebauten Großbetrieben gastronomischer Massenabfütterung auf den Tisch kommt. Den einen ist völlig egal, was da serviert wird. Die kriegen nach Durchkurvung der gomerischen Bergwelt eh keinen Bissen mehr runter. Die anderen denken bald tränenden Auges an den opulenten Lunch an Bord, den sie zwar mit ihrer Passage pauschal bezahlen mussten, den sie sich nun aber nicht einmal mehr als Doggy-Bag einpacken lassen können.
Dicht an dicht parken die Busse an den speziell für sie angelegten Speisesälen, in die die Reisenden aus den Bussen taumeln um sich nach wohl kalkuliertem Geschäftsmodell verköstigen zu lassen. 500 Kressesuppen gleichzeitig aufgetischt erfordern eine ausgefeilte gastronomische Logistik. Da könnte sowieso kein klassisches, auf gomerianischen Schneckenservice spezialisiertes Insel-Restaurant mithalten.
Darum machen die Busse auch von Anfang an einen großen Bogen um all die kleinen Gasthöfe, deren Wirte an der Tür stehen und ihrer vorbeidonnernden „Quelle des Reichtums“ nur traurig hinterherwinken.
Haben dann die Reisenden endlich wieder den festen Boden der Hafenmole unter den Füßen, dann preisen sie Gott in der Höhe, dass sie ihr Gomera-Abenteuer mehr oder weniger heil überlebt haben. Es wird ihnen noch lange in Erinnerung bleiben. Den jetzt dringend benötigten Magenbitter nehmen sie glücklich wieder an Bord ein. Damit ist dann die “Quelle des Reichtums” versiegt. Aber morgen kommt ja schon wieder eine neue.
Manch einer aber fragt sich, ob Casimiros “Quelle des Reichtums” wirklich für alle, oder vorwiegend nur für ihn und seine Amigos sprudelt.