Nein! Es ist keineswegs ein leidenschaftlicher, es ist eher ein Todeskuss, mit dem sich die attraktive gomerianische Spinnenfrau ihr Opfer willig macht. Hat sie es erst einmal richtig eingewickelt, dann gibt es kein Entkommen mehr. Mit Liebe oder Zuneigung hat die Spinnenfrau nicht das Geringste im Sinn. Eher mit Gier und purer Mordlust. Nun weiß man zwar, dass es auf Gomera keine Schlangen, keine Skorpione und auch sonst keinerlei gefährliches Getier gibt. Man kann vom Hund gebissen oder vom Esel getreten werden. Das ja. Auch die insularen Katerchen haben ganz schön scharfe Krallen, wenn man ihnen an die Kirschen will. Und dass der Haifisch Zähne hat, das weiß auch spätestens seit Bertold Brecht jedes Kind.
Der sorglose Umgang mit einer gomerianischen Spinnenfrau allerdings, eventuell sogar ein zärtlicher Flirt, den man leicht als Baggerversuch interpretieren könnte, birgt Gefahren, die das Insel-Greenhorn leicht unterschätzt. Der Kuss der Spinnenfrau ist nämlich eigentlich gar kein Kuss, sondern ein Biss. Ein höchst schmerzhafter noch dazu. Spinnenfrauen küssen nämlich gar nicht. Sie beißen, und gut eingesponnen bleibt das vom notgeilen Opfer zunächst auch weitgehend unbemerkt. Es könnten ja Liebesbisse sein. Knutschflecken oder Male heißblütiger Umarmungen. Ein zerkratzter Rücken oder Ähnliches in der Art. Auch so etwas tut zuweilen ganz schön weh, könnte aber unter der Rubrik “Liebeslust” abgehakt werden.
Also hält das Opfer still und träumt sich was von Leidenschaft im Lorbeerwald. Die Spinnenfrau, die dem einsamen Wanderer im Cedro oder hoch oben auf der Fortaleza auflauert, hat aber ganz grundsätzlich mit Liebeslust, Petting oder gar sexueller Hingabe nicht das Geringste am Hut. Sie will ihr Opfer mit so einer Art vorgetäuschtem Orgasmus lediglich willenlos machen um es anschließend aussaugen zu können.
Nun gibt es auf Gomera, der „Isla Magica“, der magischen Insel, nicht nur Spinnenfrauen. Es gibt selbstredend auch reichlich Spinnenmänner, die in eingeweihten Residentenkreisen oft auch kurz nur „Spinner“ genannt werden. Seitlich Umgeknickte, zum Abschuss Freigegebene. Im Gegensatz zum Kuss der Spinnenfrau ist das Angraben von Nacktschnecken durch den Spinnenmann zwar weniger gefährlich, dafür aber oft ausgesprochen lästig. Das süße Gift, mit dem der Spinnenmann sein (meist weibliches) Opfer einzuwickeln versucht, verursacht nämlich heftigstes Ohrenbluten. Die esoterischen Geschichten von der Erleuchtung, der Wiedergeburt, den Chakren oder dem Nirwana halten nicht Wenige für totale Spinnerei. Spirituelle Ignorantinnen und Dumpfbacken gibt es inzwischen nämlich immer mehr auch auf unserer schönen Bananeninsel. Der spirituell ausgepowerte Spinnenmann hat dann in aller Regel keinerlei Bock mehr darauf, seine Erleuchtungsperlen weiterhin unter die Säue uninspirierter Kackbratzen zu schmeißen. Er verabschiedet sich dann schnell und schmerzlos.
Nicht so die Spinnenfrau. Die versucht erst gar nicht Intellekt vorzutäuschen und mit der Philosphie des Wassermann-Zeitalters zu punkten. Die beißt einmal kräftig zu und saugt dann ihr Opfer bis zum allerletzten Tropfen aus. Hat er dann davon, der geile Bock. Mitleid wäre da völlig unangebracht.
Andererseits ist es natürlich ausgesprochen hinterfotzig, mit so einem heißen Kuss das nichtsahnende Opfer aus seinem Inseltraum von der wahren Liebe zu reißen. Kein Wunder, dass es sich anschließend als Breitbart ins Oval Office flüchtet und dort als Sicherheitsbeauftragter jede Menge heiße, immerhin aber würzige Luft verbreitet.