Obwohl das Verursachen von Waldbränden auf den Kanaren mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft wird, werden – wie aus offiziellen Kreisen verlautet – mehr als 80% aller Brände vorsätzlich gelegt. Wenn dann der Inselpräsident lauthals verkünden kann, dass er mal wieder 120.000 stolze Euroletten als Sonderetat zur Bekämpfung der aktuellen Waldbrände zur Verfügung stellt, dann ist angesichts der spanischen Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Jugendarbeitslosigkeit der Verdacht sicherlich nicht so ganz abwegig, dass in so manch krankem Hirn arbeitsloser Waldarbeiter die Zündelei als so eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme angesehen wird. Gottlob sind die Zeiten, in denen Bauspekulanten – wie beispielsweise in Griechenland – ganze Berge abfackeln ließen um an billiges Bauland zu kommen, vorbei. Zumindest derzeit. So hat dann die europäische Finanzkrise auch ihr Gutes.Auch die Spekulation auf großzügige Entschädigung für verbranntes Eigentum hat sich – sowohl was staatliche Zuwendungen, als auch was Versicherungszahlungen angeht – allgemein als wenig rentabel erwiesen. Zwar hieß es ja früher immer “hoch versichern – tief anzünden”, aber seit sich die allgemeine Zahlungsmoral herumgesprochen hat, mag kaum noch jemand dafür die eigene Bude (und die halbe Insel gleich mit) anstecken. Oft vergehen nämlich Jahre bis (wenn überhaupt) irgendjemand zahlt.
Wie dem auch sei – es vergeht kein Sommer, in dem es nicht auf irgendeiner Insel des Archipels brennt. Und ist ein Sommer so heiß und trocken wie der diesjährige, dann genügt oft schon eine achtlos weggeworfene Kippe um eine Katastrophe auszulösen. Wald und Grasland brennen wie Zunder.
Ganz schlimm traf es im August dieses Jahres Gomera. Vom Garajonay aus fraßen sich die Feuerwalzen die Barrancos hinunter. 600 Einwohner mussten evakuiert werden, bevor es Helikoptern, Löschflugzeugen, Feuerwehr und Militär gelang, die Feuer kurz vor Alajero und Chipude unter Kontrolle zu bringen. Auch der südliche Teil des Nationalparks wurde in Mitleidenschaft gezogen.
Und wieder wurde von vorsätzlicher Brandstiftung gesprochen. Die Guardia Civil nahm sogar schon einen dringend Tatverdächtigen fest, der bereits bei früheren Anlässen als Pyromane aufgefallen war. Nach einem Verhör musste er dann aber wieder freigelassen werden. Es wird weiter nach einem Täter gefahndet, denn dass die Brände auf La Gomera, die an verschiedenen Punkten der Insel fast gleichzeitig auftraten, gelegt wurden, daran besteht kaum ein Zweifel.
Kurz nachdem die Brände eingedämmt und die Feuerbrigaden wieder abgezogen waren, drehte der Wind. Die Feuer loderten wieder auf und fraßen sich rasend schnell in die entgegengesetzte Richtung. Und diesmal traf es das obere Tal von Valle Gran Rey. Eine Feuer-walze raste das Tal hinab und hinterließ binnen 25 Minuten nur noch verbrannte Palmen und verbrannte Erde. Auch 40 Häuser gingen in Flammen auf.
Zum Glück waren die Bewohner rechtzeitig in den unteren Teil von Valle Gran Rey gebracht worden. Nachts legten dann im neuen Hafen von Vueltas Fährschiffe von Olsen und Armas an, um die Bevölkerung zu evakuieren.
Erst nachdem 7 Löschflugzeuge und 5 Helikopter zwei Tage lang pausenlos Wasser auf die Brände geworfen hatten, konnten die Bewohner des oberen Tals von Valle Gran Rey wieder zurück in ihre Häuser. Dort bot sich ein geradezu dantesker Anblick. Das ehemals so grüne und palmenbewachsene Tal war zu großen Teilen schwarz verkohlt. Verbrannte Palmen. Verbrannte Erde. Alte Leute, schon vor dem Brand bitterarm, weinten vor den Ruinen ihrer Häuschen und den verkohlten Kadavern ihrer Ziegen. Selbst dem hart gesottenen Valle-Bote-Reporter stiegen da die Tränen in die Augen.
Besonders hart traf es auch den – unter deutschen Residenten so beliebten – Ort “El Guro” (vom Valle-Boten gern als “Gartenzwerge-Paradies” verspottet). Ein Freund kam den Berg herab und zeigte alles, was von seinem Haus, das er in langjähriger Arbeit selbst gebaut hatte, übrig geblieben war. Er trug es in einer Plastiktüte. Es war eine verschmolzene Türklinke.
Unsere Esoteriker wähnten das Feuer bereits als Ankündigung der Apokalypse, die nach dem Maya-Kalender bekanntlich zum Ende des Jahres der ganzen Welt droht.
Andere halten die Brände für Auswirkung der Klimakatastrophe, die nun auch vor Gomera nicht mehr halt macht.
Und während die Löschflugzeuge noch pausenlos über die Insel donnerten, begannen die Politiker bereits damit, sich gegenseitig die Schuld an der Katastrophe zuzuweisen und öffentlich aufeinander einzudreschen.
Wer hatte denn eigentlich nach den ersten Bränden die Alarmstufe 2 auf 1 heruntergestuft, bevor die Feuer überhaupt gelöscht waren? Wollten sich die Verantwortlichen – wie allgemein behauptet – lediglich ihren Urlaub nicht versauen, weil sie bei Alarmstufe 2 auf der Insel hätten bleiben müssen?
Die Gemeinde schob die Schuld auf die Inselregierung. Die war da-für angeblich verantwortlich. Die Inselregierung wiederum schob gleich den Schwarzen Peter weiter zur Regionalregierung. Dort saßen vermutlich die wahren Schuldigen. Und die Regionalregierung vermeinte die Schuldigen in der Zentralregierung in Madrid entdeckt zu haben, die die Mittel zur Brandbekämpfung auf den Inseln so rigoros zusammengestrichen hätte.
Madrid wiederum fragte an, ob man in Las Palmas nicht anstelle des Brandschutzes besser das kanarische Regionalfernsehen oder die kanarische Regionalpolizei hätte zusammenstreichen können. Aber grün wurden die Palmen davon auch nicht wieder.
Die Bürger versammelten sich zu Protestkundgebungen. 1000 Face-Book-Freunde kamen allein im Fußballstadion von Valle Gran Rey zusammen.
Schon wurde der sofortige Rücktritt des Cabildopräsidenten gefordert. Der wiederum forderte (mal wieder) mehr Geld aus Madrid um künftig eine ganze Flotte von Löschflugzeugen auf der Insel zu stationieren.
Kurz vor dem Brand sollte in Valle Gran Rey eine Freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen werden. Leider zu spät. Und statt des Schilfrohrs sollten Bäume gepflanzt werden. Auch zu spät.
Immerhin endete die Feuerwalze, die das Tal heruntergebraust war, an der Barranco-Zementierung. Zement brennt nun mal nicht so gut. Und schon gab es Vorschläge, die Zementwanne bis ins obere Tal hinauf zu ziehen. Willi meinte, man könne da doch gleich ein fettes Rohr mit einzementieren, durch das dann mittels einer großen Pumpe im Notfall Meerwasser das Tal hinauf gepumpt werden könne.
Ob er denn wirklich glaube, dass die Pumpe im Ernstfall tatsächlich funktioniere, wurde er gefragt.
Um künftigen Katastrophen dieser Art entgegenzuwirken, soll der Barranco von Valle Gran Rey jetzt auf jeden Fall irgendwie „feuerfest“ gemacht werden. Getreu dem Motto: Wenn das Kind tot ist, wird der Brunnen zugenagelt. Skeptiker glauben allerdings, dass in kurzer Zeit alle guten Vorsätze wieder vergessen sind.
Dennoch will niemand das Tal verlassen. Auch die nicht, die im Feu-er alles verloren haben. Sie werden ihre Häuser wieder aufbauen und Blumen in ihre Gärten pflanzen. Und spätestens nach dem nächsten Regen ist dann das ganze Tal auch wieder grün.