So fing das damals alles an, als diese ganzen schrägen Vögel nach Gomera kamen und das friedliche Eiland in eine Insel der Beknackten umfunktionierten und der Linsenhein im Regenwald die Touris erschreckte und der Puten-Peter Emus züchten wollte und Harry Herold gefeuert wurde und in der Schweinebucht noch die Hippies hausten und ein paar durchgeknallte Chaoten die Idee hatten eine völlig abgefahrene Inselzeitung zu machen.
Wenn man eine Zeitung macht, dann kriegt man von allen möglichen Verlagen pausen- und kostenlos Bücher zugeschickt. So genannte „Rezensions-Exemplare“. Die schicken die Leute nun nicht etwa deshalb durch die Gegend, weil sie sich um die armen, gelangweilten Redakteure sorgen oder weil sie meinen, so ein kümmerlicher Lohnschreiber, der könne sich von seinen paar Piepen kein richtiges Buch leisten. Nein. Die tun das mit der hintergründigen Absicht, die Zeitung würde – quasi als Dankeschön für das kostenlose Buch – nun ganz euphorisch darüber berichten. Und all die vielen Zeitungsleser, die würden nun auf Grund des euphorischen Artikels alle spornstreichs in den nächsten Buchladen rennen, um nach diesem Buch zu fragen.
Und wenn nun – so die weitere Überlegung – der zehnte Kunde nach dem Buch gefragt gehabt hätte, dann würde der Buchhändler glauben, das Buch sei wohl ein neuer Bestseller. Und dann würde der gleich den Verlag anrufen und ein paar hundert Exemplare per Eilzustellung ordern.
Dann würden alle diese Bücher bald als große Pyramide im Laden stehen und jeder Kunde würde denken: „Oha, wenn der Laden so viele Exemplare von dem gleichen Buch anbietet, dann muss das ja wohl ein ganz super tolles Buch sein.“ Und dann kauft er sich gleich eins. Und dann sind – ratz-fatz – alle Bücher verkauft und der Buchhändler ordert nun noch mehr, und dann … ist das Buch plötzlich tatsächlich ein Bestseller geworden.
Wenn man zwischendurch auch noch alle Freunde und Bekannten in die Läden schickt, um nach dem Buch zu fragen, dann reagiert der Markt wie er reagieren soll, und alle werden stinkend reich: Der Autor, der Verleger, der Händler. Bloß die Zeitung, die dieses ganze Rad ja irgendwie erst so richtig in Bewegung gesetzt hat, die bleibt arm. Die kriegt nicht mal eine Anzeige.
Nun sind wir abgedrehten, deutsch-gomerianischen Zeitungsmacher zwar arm, aber sonst recht munterer Dinge. Wir lernen gern von den Großen der Zunft. Und darum haben wir uns gedacht, dass wir dieses Marketingding einfach mal andersrum probieren: Wir veröffentlichen ein tolles Buch, um damit Reklame für unsere tolle Inselzeitung zu machen, die uns bisher ja aus dem einzigen Grunde noch nicht reich und berühmt gemacht hat, weil auf unserer Insel einfach zu wenige Leute deutsch sprechen. Und all die anderen, die in der Kalten Heimat deutsch sprechen, die kennen ja möglicherweise unsere kleine Bananeninsel (noch) nicht und wissen gar nicht, dass es hier diese total abgefahrene Inselzeitung überhaupt gibt.
Aber wenn unser Buch nun durch clevere Marketingmaßnahmen (siehe oben) weltweit eines schönen Tages doch zum Millionenseller wird, dann wird sich zwangsläufig auch unsere durchgeknallte Inselzeitung bald millionenfach verkaufen, weil jeder Buchleser natürlich gleich ein Abonnement haben will. Das stellen wir uns jedenfalls so vor.
Ja, und dann könnten wir endlich auch mit Frau Springer und Herrn Augstein auf Augenhöhe fachsimpeln. Dann würden wir zu den großen Presse-Events nach Tokio und New York eingeladen, und dann könnten wir uns eines Tages auch bestimmt so ein geiles, voll verspiegeltes Verlagshochhaus in die Schweinebucht klotzen.
Redaktionsluder würden uns im Lotterbett nur noch mit Kaviar aus der Dose füttern, und mit unseren feuerroten Redaktionsferraris könnten wir den ganzen Tag durch den Lorbeerwald brettern. Die Schreiberei, die überließen wir dann natürlich fürstlich honorierten Edelfedern, die wir alle aus den Hamburger Chefetagen von Gruner & Jahr scham- und gnadenlos abwürben.
Noch aber ist es ja nicht so weit. Noch interessiert uns die Krawatten-Kollektion eines Herrn Cardin – nicht nur aus Kostengründen – einen feuchten Dingensdreck, und auch der Herr Brioni kann bei uns noch keinen zünftigen Zwirn loswerden, weil wir uns den nicht leisten könnten. Aber wir arbeiten daran. Und Sie, verehrter Leser, verehrte Leserin, Sie haben mit dem Kauf dieses Buches* bereits einen ersten Beitrag zu unserem Aufstieg in die große Welt der Medienmogule geleistet.
Und wenn Sie jetzt auch noch den Valle-Boten abonnieren, dann dürfen auch Sie in ein paar Jahren auf dieses imponierende Verlagshochhaus am Strand von Gomera deuten und ganz stolz ausrufen: „Boah ey, und alles von meinem Geld !“