…wo nicht nur schwarze Menschen wohnen und wo Erwin Kaczmarek Sie die Insel erklärt und die Bubango-Brothers Gemüse vermarkten wollten und Blut in Waltrauds Waschsalon floss und der Glaserhans Antennen aufstellte und der Ulli dem Hoppel ein Klo baute und Räucherstäbchen die Hoden von Borstenviechern schrumpfen lassen und wie das mit unserer abgedrehten Inselzeitung alles weiterging. Wenn man ein Buch schreibt, dann ist das eine ganz schöne Dingens-Arbeit, selbst dann, wenn das Meiste ja schon vorher im Valle-Boten gestanden hat. Aber wenn du nun der Meinung bist, mit einem fein säuberlich getippten, mehrfach gelesenen und korrigierten Manuskript hättest du das Gröbste wohl hinter dir, dann irrst du. Und zwar gewaltig.
Um nämlich aus deinem dicken Manuskript ein dickes Buch zu machen, das du hinterher im Buchhandel kaufen und dir daheim dann dekorativ ins Ikea- Regal stellen kannst, da brauchst du einen Verlag.
Also, denkst du, schickst du so einem Verlag dein Wahnsinns-Manuskript, dann werden sich die Jungs dort vor Begeisterung auf die Schenkel schlagen.
Aber wiederum irrst du. Leute, die tolle Bücher schreiben, die gibt es jede Menge, aber Verlage, die diese Bücher dann veröffentlichen, die gibt es nur wenige. Bei den Verlagen erheben sich daher Schnee bedeckte Bergketten „unverlangt eingesandter“ Manuskripte. Und hinter diesen Anden dämmern die Verlagsdödel ihrer nächsten Gehaltserhöhung entgegen. Da versinkt dein Manuskript alsbald in irgendeiner Gletscherspalte, und wenn du viel Glück hast, dann kriegst du nach Jahren einen Automatenbrief: „Wir bedauern sehr, aber…“. Damit kannst du dir dann nicht mal den Dingens abwischen, weil das Papier dafür viel zu hart ist. Na schön, denkst du in deiner zugedröhnten Gomerabirne, dann fahr ich da eben selbst mal hin und rede mit den Leuten. Aber schon der Pförtner lässt dich barfuss und mit Matte da gar nicht rein. Der drückt dir allerhöchstens ´ne Mark in die Hand.
Also machst du dich auf zu einer zivilisierten Pauschalreise mit der Deutschen Darmtouristik AG: Saubere Fingernägel, geputzte Schuhe, Schlips, Pfefferminzpillen gegen den Mundgeruch. So ausgerüstet lässt dich zumindest der Pförtner schon mal bis ins Vorzimmer von irgend so einem Sackbearbeiter, wo du die folgenden Wochen biwakieren darfst. Und getreu deinem Wahlspruch „In der Ruhe liegt die Kraft“ hältst du wacker aus, bis eines Tages ein pickeliger Germanistiker tatsächlich dein Manuskript zur Hand nimmt, an der Orthographie mäkelt und an der Interpunktion; meint, dass man doch unmöglich „Scheiße“ schreiben kann; dass die ganze Dramaturgie und der literarische Wert… und alles solche Sachen. Sagst du ihm, was es dich mal kann, dann ist die Zusammenarbeit mit diesem Verlagshaus bereits beendet. Kannst du zum nächsten dackeln, wenn du da überhaupt noch Bock drauf hast.
Es kann natürlich sein, dass du auf deiner Darmtour zufälligerweise an einen smarten Jungverleger gerätst, der zufälligerweise gerade zwischen den sexuellen Enthüllungen eines Teppichluders und den Memoiren eines, wegen Unfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzten Ex-Ministers, oder den Jugenderinnerungen einer ehemaligen Nazi-Diva eine Marktnische entdeckt zu haben glaubt. Und der sagt dann vielleicht: „Okay, bringen wir raus.“ Geil. Du freust dir einen Ast und machst gleich ´ne Pulle Schlampagner auf, weil du meinst, das Ding mit deinem Buch, das sei jetzt wohl so gut wie gelaufen. Jetzt würde alsbald die Kasse klingeln und du könntest auf die zu erwartenden Tantiemen schon mal einen Kredit aufnehmen.
Denkste. Von den 14,50 Euro, die dein Buch später im Handel kostet, kriegst du einen einzigen popeligen Euro. Dir fallen doch gleich die Fischer im Hafen von Vueltas ein, die für ein Kilo Thunfisch, der später zu 8,95 pro hundert Gramm in Hamburg auf der Fischtheke liegt, auch bloß knapp einen Euro vom Aufkäufer in die Hand gezählt kriegen. Ähnlich dick wird nun dein Hals.
Aber vielleicht hast du ja so eine Art Harry Potter geschrieben. Dann werden aus dem einen Euro pro Buch leicht Millionen und du wirst trotzdem reich. Weiß man´s ? Also nickst du Gott ergeben und meinst, jetzt könntest du unter deiner gomerianischen Palme wieder die Hängematte aufspannen und auf den Geldbriefträger warten. Aber … du ahnst es ja … abermals irrst du.
Kaum ist nämlich dein Buch gedruckt, da prügelt dich dein Verlag in die allerbescheuertesten aller bescheuerten Talkshows, wo du dein Buch mit einer Penetranz in die Kameras halten musst, dass du nur durch intensives autogenes Training die peinliche Schamröte unterdrücken kannst, die dein Gesicht zu überziehen droht.
Ohne Ende musst du dann beknackte Sprüche klopfen und dazu auch noch ein möglichst intelligentes Gesicht machen. Ungefähr so wie Hemingway seinerzeit nach der Entziehungskur.
Mit der Bahn karren sie dich dritter Klasse in die hintersten Provinzen neudeutscher Bundesländer, wo du von Sparmarkt zu Sparmarkt „Promotion“ für dein Buch machen sollst. Fetten Wurstverkäuferinnen krakelst du Autogramme mit „in Liebe“ auf den Schmutztitel und bei „Dichterlesungen“ stehst du im Kaufhof gleich neben Bananen-Willi. Und das alles für einen Euro pro Buch. Ja, da leck mich doch einer am Dingens !
Hier, auf Gomera, könntest du schön im Schatten sitzen und ganz entspannt darauf warten, dass hinter der Playa Ingles die Sonne untergeht. Du könntest dir in aller Ruhe überlegen, in welcher Kneipe du später zum Angraben knackiger Touristinnen aufkreuzen würdest, und du könntest dir all den beschriebenen Stress in der zivilisierten Welt sparen. Aber dann … dann läge dein Manuskript halt unveröffentlicht und ungelesen in deinem Schrank zwischen den Unterhosen und würde dort selbst dann verschimmeln, wenn es tatsächlich ein neuer Harry Potter wäre.
Was also tut der ausgeschlafene, deutsch-gomerianische Jungschriftsteller ? Er druckt sich sein Buch selbst und gibt den Euro, den er pro Buch vom Verlag als Tantieme kriegen würde, dem Mikel, damit der das Buch nun in alle Inselläden trägt.
Und da liegt es dann und liegt und wartet darauf, dass da mal einer kommt, der beim PISA-Test dafür gesorgt hat, dass unsere Heimat zumindest noch vor Kamerun eingeordnet werden konnte. Aber wie es aussieht haben diese Leute ja alle schon ihren – immer weniger werdenden – Bildungsetat bei Dieter Bohlen oder Stefan Effenberg abgeliefert. Ja, ja, die Katja Kessler, die hätten wir als Ghostwriterin engagieren sollen. Aber weil das, mit dem ehemaligen Mikel und dem Selbstvermarkten und so im Endeffekt bei unserem ersten Buch „So fing das damals alles an“ doch recht zufrieden stellend funktioniert hat, (immerhin ist inzwischen die erste Auflage so gut wie vergriffen) darum soll nun auch der zweite Band unserer großen Gomera-Enzyklopädie in der gleichen Weise erscheinen. Klar, einen internationalen Bestseller werden wir auf diese Weise zwar nicht hinkriegen. Und auch reich werden wir so natürlich kaum. Aber schließlich ist Geld ja auch nicht alles. Und wenn Sie nicht extra für dieses literarische Kunstwerk nach Gomera reisen mögen, dann können Sie es auch wieder per E-mail bei uns direkt bestellen. (siehe auch „Hier bestellen“ auf dieser Site) Geht garantiert schneller als über den Buchhandel.